Seniorenmarketing, 50 plus oder Generationenmarketing?
Der Begriff «Seniorenmarketing» hat sich ausgebreitet wie der Borkenkäfer in seinen besten Jahren! Auch die Bezeichnungen «Generation 50 plus» respektive «Generation Gold» werden den Baby-Boomern aber aus mehreren Gründen nicht gerecht. Doch schön der Reihe nach...
Senioren-Marketing oder Generationen-Marketing?
Beginnen wir mit dem Seniorenmarketing.
Der Begriff «Senior» entstammt dem lateinischen «senium», was bei
einem römischen Bürger (im Alter ab 45 Jahren!) ein Sammelbegriff
war für «Altersschwach», «Hirnschwinden» und «Leidwesen». Senioren
sind per Definition also in mancherlei Hinsicht bedürftig, beschränkt
zurechnungsfähig und leidend. Dass diese Zielgruppe für das moderne
Marketing kaum interessant ist, liegt auf der Hand. Lediglich die
Anbieter von Pharmazeutika, Rollatoren (Gehhilfen) und Inkontinenz-Produkten
(Windeln für Erwachsene) dürften sich für Seniorenmarketing interessieren.
Alle anderen können diesen Begriff aus ihrem Vokabular streichen.
Nicht alle Menschen im Alter über 50 Jahren sind per se auf Rosen gebettet,
gesund, millionenschwer und frei von jeglichen Sorgen. Aber der grossen Mehrheit
geht es gut bis sehr gut, einigen der über 65-Jährigen sogar besser als zu Erwerbszeiten!
Drei Teilgenerationen prägen die Zielgruppe
Auch der Begriff Generation 50 plus
taugt – streng genommen – nicht als Umschreibung für diese Zielgruppe.
Wer die Fünfzig überschritten hat, ist in aller Regel noch erwerbstätig.
Entsprechend weicht zum Beispiel das Freizeit von all jenen ab, die
bereits den Ruhestand geniessen und folglich in der Regel älter als
65 Jahre sind.
Aber selbst im Alter von über 65 Jahren ist keine Homogenität auszumachen. Hier gibt es nach
wie vor drei Teilgenerationen: die Vorkriegsgeneration, die Kriegsgeneration und einen noch
verhältnismässig bescheidenen Anteil an Baby-Boomern, den Vertretern der geburtenstarken Jahrgänge ab anfangs
der 1940-er Jahre bis zum «Pillenknick» um das Jahr 1965.
Wie auch immer: Wer sein Geld nicht in den Wirtschaftskreislauf zurück fliessen
lässt, ist für Marketing und Werbung nicht besonders interessant.
Deshalb ist auch der Begriff «Generation 50 plus» keine taugliche
Umschreibung dessen, was uns die BoomGeneration heute schon lehrt
und in den nächsten 15-20 Jahren noch lehren wird: Sie ist die «Erbgeneration»,
die von ihren Eltern – der Kriegs- und Vorkriegsgeneration – das sorgsam
angesparte Vermögen erben wird oder bereits geerbt hat und damit die
grösste Marktmacht repräsentiert. Weil die BoomGeneration nie erlebt
hat was es heisst, mit rationierten Lebensmitteln und Liquiditätsengpässen
umzugehen, geht sie mit dem Geerbten relativ grosszügig um, ist also
für Marketing und Werbung wesentlich
interessanter als deren Eltern.
Also doch «Generationen-Marketing»
Selbst der Begriff «Generation Gold» ist nicht zielführend. Einem Grossteil der älteren Menschen
in diesem Land geht es in der Tat gut oder sehr gut, gesundheitlich wie finanziell: Die Hypothek ist
oft auf ein absolutes Minimum reduziert, die monatlichen Auslagen nehmen ohne Kinder im selben Haushalt
auch nicht zu (ausgenommen bleiben die Krankenkassenprämien) und ein bewusster Lebensstil trägt seinen
Teil zu einem gefreuten und mehrheitlich beschwerdefreien Leben bei.
Gleichwohl gibt es auch hierzulande ältere Leute, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind,
zum Beispiel auf Ergänzungsleistungen. Diese Menschen einfach auszublenden und eine ganze Generation
sinngemäss als «Goldesel» zu bezeichnen, zeugt von wenig Feingefühl.
Der Begriff Generationen-Marketing umschreibt die drei Teilzielgruppen der «reifen Konsumenten» wesentlich
differenzierter als der Begriff Senioren-Marketing.
Eher irreführend sind Begriffe wie Generation-50plus, Generation-Gold oder Silver-Ager.